MODE KUNST ARCHITEKTUR

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Montag, 13. Juli 2015

Schwarzes Leder trifft auf Gold und Champagner: Der Amerikanische Architekt Peter Marino gestaltet für Dior den Pavillon des Kö-Centers um


Dies hier sind die eigentlichen Künstler, die die Entwürfe des New Yorker Architekten Peter Marino für Dior auf der Kö Nacht für Nacht umgesetzt haben


Für den Aufstieg Düsseldorfs zur Modemetropole nach dem Zweiten Weltkrieg steht wie ein schimmerndes Symbol das Kö-Center. Nachdem das Modeunternehmen Eickhoff über Dekaden hinweg den Pavillon des Architekturensembles aus den Sechzigerjahren bespielt hat, ist dort nun eine Dior-Filiale eingezogen.

In der Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit wurde die gesamte Stadt modernisiert, es entstanden Durchfahrtsstraßen, neue Wohn- und Büroviertel (Link) wurden angelegt, plötzlich überspannte das Stadtzentrum eine Hochstraße (Link), die den Verkehr an der stählernen und gläsernen Fläche des Dreischeibenhauses und den Schwüngen des neuen Schauspielhauses vorbeiführte. In der Architektur orientierte sich Deutschland nun deutlich an Amerika, man baute breite, flache Bungalows und Hochhäuser im International Style. Düsseldorf übernahm gleich mehrere absolut innovative Ideen aus dem Kontinent jenseits des Atlantiks. So entstand 1961  mit der Hortenzentrale von Helmut Rhode (Link) das erste Gebäude des frisch angelegten Büroviertels Am Seestern und damit das erste Großraumbüro Deutschlands. Das Kö-Center auf der namensgebenden Prachtallee ist wiederum ein ganz frühes Beispiel für ein Einkaufszentrum nach Amerikanischem Vorbild und wurde 1967 eröffnet. In seinen klaren, rechtwinkligen Formen und mit seiner matt schimmernden Aluminiumfassade besteht das Kö-Center aus einem Ensemble verschiedener Geschäfte, einer legendären Disco und einem Hochhaus, das mit der Inschrift „Aluminium-Zentrale“ gekrönt ist.

Eickhoff im Kö-Center
In dem dem Hochhaus vorgelagerten Pavillon befand sich bis vor etwa einem Jahr noch das Ladenlokal der Firma Eickhoff (Link), die zusammen mit dem Uhrenhändler Blome für den traditionsreichen Luxus der Königsallee stand. Nachdem er seit 1961 seinen Modesalon in Lippstadt betrieben hatte, eröffnete Albert Eickhoff im Jahr 1981 eine Boutique auf der Königsallee und zog kurz darauf zu Blome ins Kö-Center, der dort nach wie vor seine Werkstatt und seinen Laden betreibt. Eickhoff hatte bereits in Lippstadt Entwürfe von Prada, Gucci und Chloé verkauft und wurde nicht zuletzt dadurch bekannt, Gianni Versace zu entdecken und als Erster seine Kollektionen in Deutschland zu verkaufen. Vor einem Jahr dann ging die Ära Eickhoff auf der Kö zu Ende und der damals 79jährige zog sich ins Privatleben zurück. Dass Dior nun die beiden Etagen des Pavillons gemietet habe, erzählte man sich in der Stadt, und die ehemals opulent gefüllten Schaufenster wurden großflächig mit Folien zugeklebt.

Die Neugestaltung: Peter Marino
Als der Amerikanische Architekt Peter Marino (Link) schließlich den Auftrag zur Neugestaltung des Ladens erhielt, betrat er damit nicht unbedingt Neuland. Mit dem International Style bzw. dem coolen Look der Nachkriegsmoderne ist Marino bestens vertraut, arbeitete er doch zu Beginn seiner Karriere bei Skidmore, Owings and Merrill (Link) und dem Designer und Architekten George Nelson (Link). Auch das Thema Mode ist Marino mehr als nur ein theoretischer Begriff. Seit langem ist der heute Sechsundsechzigjährige mit einer Kostümdesignerin verheiratet und hat sich schließlich darauf spezialisiert, luxuriöse Modegeschäfte in der ganzen Welt auszustatten. Zu seinen Kunden zählen Chanel, Fendi und Louis Vuitton, deren Läden er zwischen Beverly Hills und Japan mit Kunst und Design versorgt.



Der Ex-Warhol-Partyboy in schwarzem Leder
Kunst spielt in Marinos Leben eine besondere Rolle, bestand doch sein allererster Auftrag im jahr 1970 darin, Andy Warhols Wohnhaus in New York umzugestalten. Seitdem ist er der Kunst treu geblieben, er sammelt Cy Twombly, Anselm Kiefer und Richard Deacon und auch seine innenarchitektonischen Entwürfe beinhalten stets die verschiedensten Kunstwerke. Der "Ex-Warhol-Partyboy", wie ihn die New York Times tituliert, bekennt sich auch dadurch zur Mode, indem er in keinster Weise dem Bild eines typischen Architekten entspricht, der nüchtene Zweckbauten entwirft, wie anfangs bei Skidmore, Owings and Merrill. Peter Marino legt großen Wert darauf, sich  in schwarzem Leder vor großformatiger Kunst oder mindestens genau so großen schwarzen Motorrädern ablicheten zu lassen (Link). Aber auch über dieses demonstrative Bekenntnis zu  Körperkult und knapp sitzendem Leder hinaus pflegt Marino eine absolut ernsthafte Auseinandersetzung mit Materialien, Formen und Oberflächen im Grenzbereich zwischen Architektur und Mode. In Interviews schwärmt er von der "tactile nature of architecture" und davon, dass man Stein und Stoff anfassen muss, um sie in ihrer Gesamtheit zu verstehen und die Verbindung zwischen ihnen zu verstehen. Zudem betreibt Marino seit Langem eine groß angelegte Stoffsamlung in seinen Architekturbüros.









Dior in Düsseldorf 
Was wurde jedoch in der Zwischenzeit aus der Dior-Niederlassung in Düsseldorf? Über Monate hinweg war es unklar, wann die Filiale eröffnet werden sollte. Die Folien wurden von den Fenstern gelöst und kurz darauf wieder angebracht. Wenn man in den Abendstunden über die Königsallee schlenderte, dann sah man lange Zeit einen Trupp Italienischer Handwerker im Laden hantieren. In den Pressemitteilungen der Stadt Düsseldorf war schließlich die Rede von Verzögerungen aufgrund von Brandschutzbestimmungen. Die Pressestelle von Peter Marino selbst konnte oder wollte keine Aussage zum Eröffnungstermin machen und dann teilte schließlich am 19. Juni der Verein Fashion Net via Facebook mit, dass heute die Eröffnung sei. Also machte ich an diesem regenreichen Freitagabend auf dem Weg zu Milo Moirés Nackt-Performance bei 1UP im NRW-Forum einen Umweg über die Königsallee. Aber anstatt von streng dreinblickendem Sicherheitspersonal, das darauf achtete, dass nur das allseits bekannte Glitzerpersonal über den roten Teppich in den Laden huschen durfte, empfing mich eine einsam im Nieselregen daliegende Einkaufsstraße. Hatte ich alles verpasst? Nur die Italienischen Handwerker waren wie immer unterwegs und zeigten sich im Begriff, in ihren adretten roten Pullovern ihren Dienst anzutreten. Das also war die eigentliche Einweihungsfeier: sich mit den Herren aus Mailand und Neapel auf Italienisch über das Gebäude zu unterhalten und ihnen zu versprechen, auf jeden Fall einen Bericht über ihren Einsatz zu verfassen. "Noi siamo i artisti", meinte Gianni, ein Herr in Blau, und es wurden Smartphones gezückt, gelacht, ich wurde dem Chef als "una giornalista" vorgestellt. Dann wurde wieder an die Arbeit gegangen und die Herren in Blau und Rot verschwanden zwischen Plexiglas und Elementen in Weiß und Beige in der Dior-Filiale.

Tatsächlich war dies nun eine viel lustigere, authentischere Art und Weise, den Dior-Laden beim interessierten Publikum einzuführen, als das übliche Prozedere eines immer dem gleichen Reglement folgenden "Store Openings". Saluti agli artisti! Ci vediamo!